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Sommer im Mai – milder und sonniger Frühling

Die Schweiz registrierte den zweitwärmsten Mai seit Messbeginn 1864. Lokal gab es eine rekordhohe Zahl von Sommertagen und neue Mai-Rekorde bei der Tagesmaximum-Temperatur. Die Niederschlagssummen blieben regional weit unterdurchschnittlich. Der Frühling zeigte sich landesweit sehr mild, regional überaus sonnig und ausgesprochen niederschlagsarm.

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Image: M. Bolliger

Maiwärme im Rekordbereich

Im landesweiten Mittel stieg die Monatstemperatur 2,6 °C über die Norm 1991−2020. Seit Messbeginn 1864 zeigte sich nur der Mai 1868 mit 3,2 °C über der Norm wärmer. Rang 3 belegt der Mai 2009 mit 1,9 °C über der Norm 1991−2020.

Mehrere Messstandorte verzeichneten den wärmsten Mai seit Messbeginn. Lokal gab es extreme Mairekorde. Der Walliser Messstandort Grächen verzeichnete 3,2 °C über der Norm 1991−2020. Der Rang 2 liegt rund 1 °C tiefer. Im Oberengadin stieg der Mai knapp 3 °C über die Norm. Auch hier liegt der Rang 2 rund 1 °C tiefer.

Rekorde bei den Sommertagen

Nach einem tiefdruckbestimmten, wechselhaften ersten Monatsdrittel waren ab dem zweiten Monatsdrittel Hochdrucklagen das bestimmende Wetterelement. Sie brachten meist viel Sonnenschein und führten warme Luftmassen zur Schweiz. In den Niederungen beidseits der Alpen kletterten die Tageshöchstwerte oft auf 25 °C und höher. Tage mit Höchstwerten von 25 °C oder mehr werden als Sommertage bezeichnet.

In Genf brachte der Mai 15 Sommertage. Im bisherigen Rekordmai 2011 waren es 14 Sommertage. Die Messreihe reicht bis 1864 zurück. An anderen Messstandorten nördlich der Alpen mit über 100-jährigen Messreihen, wie zum Beispiel Basel, Neuchâtel, Bern, Luzern und Zürich, liegen die Mairekorde zwischen 12 und 15 Sommertagen. Im aktuellen Mai gab es hier allerdings weniger als 10 Sommertage.

Auf der Alpensüdseite verzeichnete Locarno-Monti den deutlichen Mairekord von 16 Sommertagen. Im bisherigen Rekordmai 1986 waren es 13 Sommertage. Die Messreihe reicht bis 1935 zurück. In der seit 1865 verfügbaren Messreihe Lugano gab es die rekordhohe Zahl von 15 Sommertagen. Der bisherige Rekord von 14 Sommertagen stammt vom Mai 1945.

Rekorde bei der Tagesmaximum-Temperatur

Zwölf Messstandorte registrierten am 20. Mai 2022 neue Mai-Rekorde der Tagesmaximum-Temperatur. Darunter fielen auch die langen Messreihen von Château d’Oex mit Messbeginn 1936 und von Bad Ragaz mit Messbeginn 1938. In Château d’Oex erreichte der neue Höchstwert 29,8 °C, in Bad Ragaz 33,7 °C. Das bisherige Mai-Maximum lag in Château d’Oex bei 29,3 °C (2009), in Bad Ragaz bei 32,6 °C (1953).

Massiv war der Mai-Rekord auf dem Grossen St. Bernhard mit Messbeginn 1864. Hier stieg der neue Höchstwert am 22. Mai 2022 auf 16,4 °C. Das bisherige Maximum vom 28. Mai 1868 lag bei 14,8 °C.

Die absolut höchste Temperatur verzeichnete Chur am 20. Mai 2022 mit 33,8 °C. Sie lag nur knapp unter dem Churer Mairekord von 34 °C, gemessen am 25. Mai 2009.

Temperatursturz nach kräftigen Gewittern

Am 23. Mai entwickelte sich vor einem Kaltfrondurchgang eine kräftige Gewitteraktivität mit intensiven Schauern und einem ausgedehnten Hagelzug entlang des nördlichen Alpenrands. In Luzern fielen innerhalb von 10 Minuten 16,7 mm Regen, der dritthöchste 10-Minuten Wert in der Periode mit automatischen Aufzeichnungen ab 1981. Ein solches Ereignis ist in Luzern alle 10 bis 15 Jahre zu erwarten.

Der Kaltfrontdurchzug brachte einen markanten Temperatursturz. Am 24. Mai lagen die Tageshöchstwerte in vielen Gebieten der Schweiz rund 10 °C tiefer als am Tag zuvor. Im Churer Rheintal sanken sie gar von rund 30 °C auf rund 16 °C.

Auf der Alpensüdseite und im Wallis stiegen die Tageshöchstwerte zwischen dem 26. und 28. Mai wieder über 25 °C. Am 27. gab es auf der Alpensüdseite lokal um 30 °C. Nördlich der Alpen registrierte einzig die Genferseeregion am 27. Mai nochmals über 25 °C.

Wenig Niederschlag

Die Niederschlagssummen blieben im Mai verbreitet unter der Norm 1991–2020. In der Westschweiz und im Wallis fielen regional weniger als 30 %, auf der Alpensüdseite regional weniger als 40 % der Norm. In den übrigen Gebieten erreichten die Werte meist zwischen 40 und 80 % der Norm 1991–2020.

Die Frühlingsvegetation breitet sich in die Berge aus

Während im Tiefland die Wälder schon im April grün wurden, wanderte die Blattentfaltung im Mai in Richtung Berge. Die Buchen entfalteten ihre Blätter oberhalb von rund 800 m; um Mitte Monat lagen uns Meldungen bis 1350 m vor. Die Lärchennadeln trieben oberhalb von 1000 m aus, im Oberengadin beispielsweise um Mitte Mai. Auch Bergahorn, Birken und Vogelbeeren entfalteten ihre Blätter in den Berggebieten. Der Nadelaustrieb der Fichte wurde im Mai aus allen Höhenlagen bis gegen 1500 m gemeldet. Insgesamt fanden die Blattentfaltung und der Nadelaustrieb meist zu einem normalen Zeitpunkt statt, mit einem leichten Vorsprung von bis zu 4 Tagen auf das langjährige Mittel 1991–2020.

Löwenzahn und Wiesenschaumkraut blühten in Höhenlagen oberhalb von 800 bis 1000 m. Blühende Kirsch- und Apfelbäume wurden ebenfalls oberhalb von rund 700 bis 900 m beobachtet. Die Blüte der Obstbäume und der beiden Wiesenblumen fand über alle Höhenlagen betrachtet 5 bis 7 Tage früher statt als im Mittel.

Vom Tiefland bis in die Berge blühten im Mai die Margeriten. Die meisten dieser Beobachtungen fallen in die Klassen «früh» und «sehr früh» und weisen einen Vorsprung von 7 Tage auf das langjährige Mittel auf. Im Mittelland und im Tessin blühte der Schwarze Holunder, der den Frühsommer beginnen lässt. Anfang Mai blühte er im Tessin zu einem normalen Zeitpunkt. Ab etwa Mitte Mai blühte er auf der Alpennordseite mit rund 10 Tagen Vorsprung auf das Mittel. Dieser Vorsprung wird sich aber mit dem Eintreffen von weiteren Meldungen noch etwas reduzieren.

Im Mai herrschte häufig gutes Heuwetter. Zwischen dem 9. und 19. Mai konnte an vielen aufeinanderfolgenden Tagen das Heu eingebracht werden, etwa 6 Tage früher als im Mittel.

Milder, sonniger und niederschlagsarmer Frühling

Die Frühlingstemperatur lag im landesweiten Mittel 1,2 °C über der Norm 1991−2020. Es war landesweit der viertmildeste Frühling seit Messbeginn 1864. Auf der Alpensüdseite zeigte die Frühlingwärme weniger ausgeprägt mit 0,7 °C über der Norm 1991−2020.

Viel Sonnenschein

Die vier Messstandorte Basel, Bern, Genf und Zürich mit über 120-jährigen Messreihen registrierten den dritt- oder viertsonnigsten Frühling seit Messbeginn. Mehrere Messstandorte mit über 60-jährigen Messreihen verzeichneten den zweit- oder drittsonnigsten Frühling seit Messbeginn.

Während in den tieferen Lagen beidseits der Alpen in den letzten zwei Jahrzehnten einzelne Frühlinge mit höherer Sonnenscheindauer auftraten, war es auf dem Jungfraujoch der sonnigste Frühling seit knapp 50 Jahren.

Wenig Niederschlag

Die Niederschlagsmengen im Frühling 2022 blieben verbreitet deutlich unter der Norm 1991−2020. Lokal war es einer der zehn niederschlagsärmsten Frühlinge seit Messbeginn. In Meiringen fielen nur 47 % der Norm. Hier liegt die Frühlings-Niederschlagsarmut auf Rang 2 seit Messbeginn 1890. Meiringen verzeichnete den deutlich niederschlagsärmsten Frühling seit mehr als 70 Jahren.

In Lugano liegt die Frühlings-Niederschlagsarmut mit nur 38 % der Norm auf Rang 6, in Locarno-Monti mit nur 41 % auf Rang 5 seit Messbeginn 1864.

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