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Kluge Landwirte setzen auf die Biodiversität

Wenn die Schweiz ihre Nachhaltigkeitsziele erreichen will, muss sie die natürlichen Ressourcen effizienter nutzen. Die nächste Landwirtschaftspolitik (AP 22+), die bald in die Vernehmlassung geht, bietet hierfür eine grosse Chance. Die Biodiversität spielt dabei eine zentrale Rolle, wie neue Studien zeigen: Bäuerinnen und Bauern, die mit der Biodiversität produzieren statt gegen sie, schonen die Umwelt und sichern langfristig ihre Produktionsgrundlagen. Neue Verfahren können helfen, Produktion und Ökologie besser zu vereinbaren. Und das ist nötig, will die Schweizer Landwirtschaft Verfassung und Gesetz erfüllen.

Die Biodiversität ist Voraussetzung für Gratis-Dienstleistungen wie Bestäubung, Bodenfruchtbarkeit und Pflanzengesundheit.
Image: naturfoto-schaffner.ch

Bei «Biodiversität im Kulturland» denkt man an blühende Obstbäume, blumenreiche Magerwiesen und roten Klatschmohn im Acker. Bei «Produktion» hingegen an Maisäcker, Zuckerrübenfelder und gedüngte Fettwiesen. Es scheint, als schliesse die landwirtschaftliche Produktion die Biodiversität aus: Nahrungs- und Futtermittel hier, Förderflächen für die Artenvielfalt dort.

Ohne Biodiversität keine Produktion

Das Gegenteil ist der Fall: Eine unglaubliche Vielfalt an Klein- und Kleinstlebewesen bevölkert nachhaltig bewirtschaftete Äcker und Wiesen über und unter der Erde und unterstützt die Produktion massgeblich. Nicht nur das: «Die Organismen sorgen auch für sauberes Wasser, schützen vor Bodenerosion, verringern den Ressourcenverbrauch, bekämpfen Schädlinge und Krankheiten und bestäuben Kultur- und Wildpflanzen», betont Markus Fischer, Präsident des Forums Biodiversität Schweiz der SCNAT. «Und all diese Dienste liefern sie gratis.»

Steigt jedoch die Produktionsintensität und damit verbunden der Input von Energie, Dünger und Pflanzenschutzmitteln, sinkt die Biodiversität. Das beeinträchtigt die Funktionsfähigkeit der Ökosysteme – mit den bekannten Auswirkungen: Pestizide in den Gewässern, übermässige Stickstoffeinträge selbst im Wald, Bodenerosion, Ausstoss von Treibhausgasen. «Der Rückgang der biologischen Vielfalt wirkt sich in vielen Weltregionen bereits heute negativ auf die Nahrungsmittelproduktion und viele weitere Ökosystemleistungen aus», so Fischer weiter.

Die Schlüsselrolle der Bodenorganismen

Die Biodiversität konkurrenziert die Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln also nicht; vielmehr ist sie unverzichtbare Partnerin. Die aktuelle Ausgabe des Magazins HOTSPOT zeigt, wie nachhaltige Landwirtschaftssysteme die Ressourcen effizient nutzen und gleichzeitig Lebensraum für zahlreiche Pflanzen und Tiere des Kulturlands bieten. Eine Schlüsselrolle spielen die Bodenlebewesen. «Auf biodiversitätsschonend bewirtschafteten Böden werden Nährstoffe effizienter genutzt», sagt Marcel van der Heijden von der Forschungsanstalt Agroscope. «Zudem fördert die Integration von Kleewiesen in die Fruchtfolge das Bodenleben und die Bodenfruchtbarkeit.»

Bäuerinnen und Bauern, die sich für die biologische Vielfalt einsetzen, handeln also klug: Sie sorgen für robuste Ökosysteme und sichern so langfristig die landwirtschaftliche Produktion. Gleichzeitig schonen sie die Umwelt und schaffen attraktive Kulturlandschaften. «Damit verhalten sie sich nachhaltig im ökologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Sinn», betont Markus Fischer. «Wenn die Schweiz ihre Nachhaltigkeitsziele erreichen will, ist sie aus wissenschaftlicher Sicht gut beraten, in der zukünftigen Agrarpolitik verstärkt auf die Biodiversität zu setzen.»

Ein natürliches oder extensives System hat ein reiches Bodenleben, wenig Ressourcen-Inputs und -Verluste sowie eine geringe Produktivität (links). Das intensive System hat eine hohe Produktivität, wird stark gedüngt und ist durch grosse Nährstoffverluste und geringes Recycling von Nährstoffen gekennzeichnet (rechts). Das nachhaltige System (Mitte) hat eine hohe Bodenbiodiversität, eine gute Produktivität, mittelmässige Düngung, relativ wenig Nährstoffverluste und einen hohen Recyclinggrad.
Ein natürliches oder extensives System hat ein reiches Bodenleben, wenig Ressourcen-Inputs und -Verluste sowie eine geringe Produktivität (links). Das intensive System hat eine hohe Produktivität, wird stark gedüngt und ist durch grosse Nährstoffverluste und geringes Recycling von Nährstoffen gekennzeichnet (rechts). Das nachhaltige System (Mitte) hat eine hohe Bodenbiodiversität, eine gute Produktivität, mittelmässige Düngung, relativ wenig Nährstoffverluste und einen hohen Recyclinggrad.Image: Nach Bender et al. 2016, mit Erlaubnis von Elsevier

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