Tomato with resistance to Jordan virus
Das Wichtigste in Kürze
- Das Jordanvirus breitet sich weltweit rasch aus, ist schwer zu bekämpfen und führt zu Ausfällen in der Tomatenproduktion.
- In der Genom-Editierung steckt das Potential, schnell und effizient Resistenzen in eine Vielzahl von Tomatensorten einzubringen.
- Durch die Kombination verschiedener Resistenzmechanismen würde das Durchbrechen der Resistenz deutlich erschwert.
Herausforderungen
Das Tomato brown rugose fruit virus (ToBRFV), auch Jordanvirus genannt, gehört zur Gattung der Tobamoviren und wurde erstmals 2014 in Israel beschrieben. Seither hat es sich schnell stark ausgebreitet und befällt weltweit Tomatenpflanzen. Auch in Europa werden seit 2018 immer wieder Befälle gemeldet, darunter auch ein Fall in der Schweiz (Ref). Die Blätter infizierter Pflanzen wachsen weniger stark und verfärben sich mosaikartig. Mit der Zeit fängt die Pflanze an zu welken und stirbt ab. Die Tomaten zeigen gelbe Flecken und bleiben orange und damit unverkäuflich. Tobamoviren sind besonders gefährlich, weil sie schon in kleinsten Mengen infektiös, sehr langlebig und hitzestabil sind. Deshalb kann das Jordanvirus leicht durch kontaminierte Samen über lange Strecken transportiert und im Gewächshaus durch Hände oder Werkzeuge verteilt werden (Ref).
Aktuelle Strategie
Das Jordanvirus gilt in der Schweiz und der EU als «potentieller Quarantäneorganismus»(Ref) und ist somit melde- und bekämpfungspflichtig. Tomatenkulturen lassen sich bisher nur mittels aufwendiger Hygienemassnahmen schützen. In Verdachtsfällen gilt es, den Bereich abzusperren und die verdächtigen Pflanzen zu testen. Da bereits befallene Pflanzen nicht behandelt werden können, muss der ganze Pflanzenbestand entfernt und verbrannt werden. Betroffene Gewächshäuser müssen anschliessend aufwendig desinfiziert werden. Erste gegen das Jordanvirus resistente Sorten sind erhältlich und werden in der Schweiz versuchsweise angebaut (Ref).
Potential der neuen Züchtungsverfahren
Das Jordanvirus ist nahe verwandt mit dem Tomaten-Mosaikvirus, das lange die grösste Bedrohung für den Tomatenanbau darstellte. In den 1950er- und -60er-Jahren wurden jedoch zwei Resistenzgene gegen das Mosaikvirus entdeckt und in einzelne Elitesorten eingekreuzt. Die Fokussierung der Tomatenzucht auf diese Resistenzgene hat zwar das Mosaikvirus 50 Jahre lang in Schach gehalten, gleichzeitig aber auch zu einer Verarmung der genetischen Vielfalt bei den angebauten Tomaten geführt (Ref). Das Jordanvirus hat nun diese Resistenz überwunden und kann sich in den heutigen Tomatenkulturen schnell verbreiten. Mittels Genom-Editierung könnten zusätzliche Resistenzmechanismen sowohl in verschiedene Elitesorten als auch in alte Sorten eingebracht werden. So liesse sich die Widerstandskraft einer Vielfalt von Tomatensorten gegen das Jordanvirus relativ rasch erhöhen. Eine grössere genetische Vielfalt der angebauten Tomaten und die gleichzeitige Kombination mehrerer Resistenzmechanismen würden das Risiko verringern, dass die Resistenzen der Tomaten erneut überwunden werden und neue Virenarten entstehen.
Entwicklungsstand
Es ist schon lange bekannt, dass Tobamoviren in der Modellpflanze Arabidopsis thaliana zwei bestimmte Gene (TOM1 und TOM3) für ihre Vermehrung benötigen. TOM1 kommt in Tomaten in fünf Varianten vor (TOM1a-e). Einer Forschungsgruppe ist es gelungen, mit CRISPR/Cas9 in Pflanzen der kommerziellen Tomatensorte ‘Craigella’ die vier relevanten Versionen (a-d) des Gens auszuschalten. Das CRISPR/Cas9-System wurde anschliessend ausgekreuzt, so dass es nicht mehr im Genom vorhanden ist. Unter Versuchsbedingungen erwies sich dieser Ansatz als sehr erfolgreich: Einige Tage nach dem Einbringen des Jordanvirus konnten in den Genom-editierten Tomatenpflanzen keine Viruspartikel nachgewiesen werden, während die nicht-editierten Pflanzen stark vom Virus befallen waren (Ref).
Eine andere Forschungsgruppe hat mit derselben Methode sowohl TOM1a als auch TOM3 ausgeschaltet. Diese Tomatenpflanzen waren ebenfalls deutlich resistenter gegen das Jordanvirus als nicht-editierte Pflanzen. Die Resultate hingen allerdings stark von der verwendeten Sorte ab (Ref).
Ausblick
Das Beispiel zeigt, dass mit der Genom-Editierung in bestehenden Tomatensorten mehrere Gene gleichzeitig ausgeschaltet und somit rasch Resistenzen gegen neu aufkommende Krankheitserreger verbessert werden können. In Sorten, die bereits tolerant oder resistent gegenüber dem Jordanvirus sind, könnte das zusätzliche Ausschalten von TOM1/TOM3 zu einer starken und lange anhaltenden Resistenz beitragen, da das Virus mehrere Resistenzmechanismen überwinden müsste (Ref).
Allerdings scheint das Ausschalten von TOM1/TOM3 nicht in allen Sorten dieselbe Auswirkung zu haben. Der Ansatz wird sich deshalb für verschiedene Sorten und unter Produktionsbedingungen bewähren müssen. Falls dies gelingt, könnten dank seiner Hilfe künftig eine Vielfalt von virusresistenten Tomatensorten zur Verfügung stehen.