Dialogue and creativity
Die Synthetische Biologie interessiert nicht nur die Wissenschaft und die Industrie – auch Künstlerinnen, Amateur-Biologen, Tüflerinnen, Filmemacher und Medienschaffende lassen sich durch sie inspirieren.
«Do-it-yourself» Biologie und Demokratisierung der Forschung
Forschung im Bereich der Synthetischen Biologie wird vor allem an den Hochschulen und in der Biotech-Industrie betrieben. Zunehmend befassen sich aber auch Hobby-Wissenschafter mit Methoden der Molekularbiologie, der Gentechnik und der Synthetischen Biologie. Dies vor allem in den USA, wo eine tolerante Gesetzgebung vorherrscht. Die für solche Forschungsprojekte erforderlichen Instrumente und Materialien werden immer billiger.
Auch in der Schweiz, wie in mehreren anderen europäischen Ländern, treffen sich «Do-it-yourself» Biologen in gemeinschaftlichen Labors, um Forschung zu betreiben. Auf Arbeiten mit gentechnisch veränderten Organismen, die weiterführende Sicherheitsvorkehrungen erfordern würden, wird allerdings zur Zeit noch verzichtet. Für ihre Forschungsprojekte entwickeln die Wissenschafts-Begeisterten einen Teil ihrer Forschungsausrüstung meist selbst. So bauen im «Open Source» Labor GaudiLab in Luzern Hobby-Wissenschaftler mit kleinstem Budget Laborgeräte nach und untersuchen damit beispielsweise die Algen des Vierwaldstättersees. Damit möchte GaudiLabs auch zur Demokratisierung der Forschung beitragen.
In Renens, in der Nähe von Lausanne, treffen sich die Mitglieder des Vereins Hackuarium im offenenen Laboratorium der UniverCité, um Projektideen zu entwickeln und Wissen auszutauschen. Die Biologie-Aficionados erhoffen sich, durch die Zusammenarbeit unterschiedlichster Disziplinen kreative Ideen zu entwickeln. Damit könnten sie neue Impulse und eine frische Perspektive für die Forschung und Innovation liefern.
Beiträge aus der Kunst zu schwierigen Fragen
Die Synthetische Biologie wirft viele philosophische und ethische Fragen auf: Was ist der moralische Stellenwert der vom Menschen entworfenen und geschaffenen Organismen? Was geschieht, wenn die biologischen Grenzen zwischen den Arten immer mehr verschwinden? Wie könnte die Synthetische Biologie unseren Alltag verändern?
Mit solchen Fragen beschäftigen sich auch zahlreiche Künstlerinnen, Performer und Filmemacher. Dabei entstehen skurrile, witzige, aber auch beängstigende Werke, die zum Weiterdenken anregen.
> Mehr über Kunstprojekte zu Themen der Synthetischen Biologie
Öffentliche Wahrnehmung
In der Öffentlichkeit ist die Synthetische Biologie noch wenig bekannt: bei einer Umfrage der EU-Kommission im Jahr 2010 gaben nur 30% der Schweizerinnen und Schweizer an, schon etwas über die Synthetische Biologie gehört zu haben1.
Auch in den Medien ist die Synthetische Biologie nur sporadisch präsent. Eine Studie des Zentrums für Technologie-Folgenabschätzung (TA-SWISS) untersuchte die mediale Berichterstattung genauer2.
Wie schwierig die Kommunikation im Bereich der Synthetischen Biologie sein kann, hat auch das Forum Genforschung der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (SCNAT) erfahren – ihr Comic “Abenteuer im Reich der Synthetischen Biologie” löste statt Interesse am Thema Irritation und Verärgerung aus.
Mehr Erfolg hatte das Forum Genforschung mit einer Podiumsdiskussion zur Synthetischen Biologie im Februar 2016. Nachwuchsforschende unterschiedlicher Fachrichtungen - von Synthetischer Biologie über Ökologie bis zu Philosophie und Ethik - diskutierten engagiert und offen über Hoffnungen, Ängste und Wertvorstellungen, die mit dieser neuen Technologie verknüpft sind.
Weiterführende Informationen
Do-it-yourself Biologie
- Genspace – das erste Gemeinschaftslabor für Amateur-Biologen wurde 2010 in New York eröffnet.
- Hackteria – ein internationales Netzwerk für Wissenschaftler, Biohackers und Künstler, die an der Schnittstelle zur Biologie arbeiten möchten. Verschiedene Schweizer Mitglieder und Organisationen sind dabei.
- Hackuarium – Do-it-yourself-Laboratorium in Renens bei Lausanne.
- GaudiLab – Open Source Labor in Luzern.
- Vogel B (2010) Kommen Sie, lassen Sie uns Synthetische Biologie betreiben! Der Wissenschaftsautor Benno Vogel hat „Do-it-yourself“-Biologen in den USA besucht. Frei zugängliche Publikation (2010). Link
- Seyfried G, Pei L, Schmidt M. 2014. European Do-it-yourself (DIY) Biology: beyond the hope, hype and horror. BioEssays. Vol. 36(6). Ein Artikel über die Do-it-yourself Biologie in Europa (englisch) Link
- Woodrow Wilson International Center for Scholars (2013) Myths and realities of the DIYbio movement. Ein Bericht des Wilson Centers über die Aktivitäten von Do-it-yourself-BiologInnen in den USA (englisch). Link
Kunstprojekte
- Biofiction – Filmfestival zur Synthetischen Biologie
Bereits zum zweiten Mal fand im Herbst 2014 in Wien das Filmfestival Biofiction zur Synthetischen Biologie statt. Alle gezeigten Kurzfilme sind im Internet frei zugänglich. - Projekt Genesis –Ausstellung der Ars Electronica in Linz
Die Ausstellung „Projekt Genesis: Synthetische Biologie – Leben aus dem Labor“ der Ars Electronica in Linz stellt über 20 Kunstprojekte zum Thema Synthetische Biologie vor. Die Ausstellungswebseite gibt eine Übersicht über die Werke. - Kurzgeschichten über Synthetische Biologie und Gesundheit.
Ein frei zugängliches E-Book mit Kurzgeschichten, die im Rahmen des EU-Projekts SYBHEL (Synthetic Biology and Human Health) entstanden sind (in Englisch). - Synthetic Aesthetics – Brückenprojekt zwischen Kunst und Wissenschaft.
Das gemeinsame Forschungsprojekt der Stanford University in Kalifornien und der Universität Edinburgh in Schottland hat Wissenschaftler und Künstler in Zweier-Teams zusammengebracht. Daraus entstanden spannende Tagebuch-Einträge, Texte und Kunstwerke (in Englisch).
Öffentlichkeit
- Synthetic Biology Dialogue – Dialog mit der Öffentlichkeit in Grossbritannien
Der BBSRC (Biotechnology and Biological Research Council) hat in einer Reihe von Workshops Hoffnungen, Wünsche und Fragen der Öffentlichkeit zur Synthetischen Biologie ergründet (in Englisch).