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«Beim CO2-Gesetz steht auch die internationale Glaubwürdigkeit auf dem Spiel»

Carte Blanche von Karin Ingold, Universität Bern

01.06.2021 – Die Schweiz setzt sich international für eine konsequente Klimapolitik ein. Im eigenen Land aber hinkt sie hinterher. Bei einer Ablehnung des CO2-Gesetzes droht die Schweiz stark an internationaler Glaubwürdigkeit einzubüssen.

Carte Blanche / Karin Ingold
Image: Laurentina Leal Photography

Der Beitrag gibt die persönliche Meinung der Autorin wieder und muss nicht mit der Haltung der SCNAT übereinstimmen.

Die Schweizer Regierung kam 1992 enthusiastisch von der UNO-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro zurück und war sich sicher, schnell eine CO2 Lenkungsabgabe einführen zu können. Nicht erstaunlich für eine Konsensdemokratie dauerte es dann fast 10 Jahre, bis das CO2-Gesetz in Kraft trat; und noch etwas länger, bis die CO2 Lenkungsabgabe auf Brennstoffen eingeführt wurde.

Ein austarierter Kompromiss

Das CO2-Gesetz, über welches wir Mitte Juni 2021 abstimmen, ist also nicht neu, sondern über viele Jahre gereift. Die Vorlage ist das Resultat von Verhandlungen zwischen Politik, Privatwirtschaft und Zivilgesellschaft. Es ist ein austarierter Kompromiss, der aus einem Portfolio verschiedener Massnahmen besteht. Die Schweizer Klimapolitik zielt somit nicht auf einen einzelnen Sektor ab, sondern verteilt die klimapolitischen Ziele und Massnahmen auf mehrere Schultern, was der Natur des Klima-Problems natürlich entspricht.

Die aktuelle Vorlage des CO2-Gesetzes knüpft stark an die bisherige Schweizer Klimapolitik an. Es entspricht dem Politik-Stil «der kleinen Schritte», welcher zwar langsam erscheinen mag, aber ein stetiges Vorwärtskommen, und das «Mitnehmen» verschiedener Interessens- und Bevölkerungsgruppen sicherstellt. Die Vorlage wird denn auch ausserordentlich breit unterstützt.

Schweiz war eine Klima-«Pusherin»

In den Anfängen der internationalen Klimapolitik, und bis zur Jahrhundertwende, war die Schweiz eine Klima-«Pusherin». Auf dem internationalen Parkett hat sie sich für eine globale CO2-Steuer ausgesprochen, und sich für grüne Investitionen aus dem globalen Norden im globalen Süden stark gemacht. Noch heute ist sie bei den internationalen Klimaverhandlungen sichtbar und eine starke Partnerin verschiedener Länder und Akteure.

Umsetzung hapert

Zu Hause hinkt die Schweiz aber hinterher. Sie tut sich schwer, eigenständige Reduktionsziele zu formulieren, und ambitionierte Massnahmen einzuführen, die ihrem internationalen Auftreten entsprechen. Währenddessen die EU und Deutschland an einer Verschärfung der Klimaziele von über 65% bis hin zu Netto Null diskutieren, gelingt es der Schweiz nicht einmal, das aktuelle CO2-Gesetz mit einem Reduktionsziel von 50% effizient und schnell umzusetzen.

Die Schweiz hat sich für das Zustandekommen des Abkommens von Paris eingesetzt und dieses unterzeichnet. Das aktuelle CO2-Gesetz und die neue Vorlage, über die wir jetzt abstimmen, sind zwingend, um unsere verbindlichen internationalen Versprechen einzuhalten und somit auch unsere Glaubwürdigkeit nicht zu verlieren.

Karin Ingold ist Professorin am Institut für Politikwissenschaft an der Universität Bern und ans Oeschger-Zentrum für Klimaforschung (OCCR) angegliedert. Sie führt die Gruppe «Policy Analysis and Environmental Governance» (PEGO), die sowohl am Institut für Politikwissenschaft der Universität Bern wie auch an der Forschungsabteilung Umweltsozialwissenschaften der EAWAG angesiedelt ist.

Authors: Prof. Dr Karin Ingold

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