Realitätscheck – die relevanten Herausforderungen der Zukunft
ProClim Flash 68
Nebst der Aufwertung des Lebensraums zeigen Analysen des SCCER Mobility, dass eine Verlagerung auf den Langsamverkehr im urbanen Raum einiges an CO2-Einsparungen mit sich bringt. Es lässt sich aber auch zeigen, dass grosse Fortschritte bei Antriebstechnologien, Energieträgern und Investitionen in die Infrastruktur bei längeren Fahrdistanzen viel relevanter sind zur Erreichung der nationalen und globalen Klimaziele.
Die Mobilität der Zukunft und ihr Einfluss auf Emissionsbilanzen und Klimawandel werden überwiegend mit Blick auf den urbanen Raum diskutiert. Sinnvolle und vielversprechende Ansätze berücksichtigen die zunehmende Rolle des öffentlichen und des aktiven (Langsam-)Verkehrs. Das SCCER Mobility untersuchte 2017 das CO2-Absenkungspotenzial für eine Umlagerung des motorisierten Individualverkehrs auf Strecken bis zu fünf Kilometer auf das Velo respektive bis zehn Kilometer auf das E-Bike. Im Idealfall errechneten die Expertinnen und Experten eine CO2-Senkung von 8 bis 19 Prozent. Unter Berücksichtigung realistischer Einschränkungen reduzierten sich die Einsparungen auf 2,9 bis 7,7 Prozent.
Eine klimakompatible Gestaltung des Langstreckenverkehrs zwischen urbanen Zentren und Kontinenten wird weniger diskutiert. Selbst wenn das Hauptaugenmerk auf dem Strassenverkehr liegt und die schnell wachsenden Sektoren der internationalen Schiff- und Luftfahrt nicht berücksichtigt werden, prognostizieren neuste Szenarien eine starke Zunahme des Personen- und Güterverkehrs in den nächsten Jahrzehnten. Für die Schweiz stellte das Amt für Raumentwicklung 2016 eine wesentliche Zunahme der Anzahl Personen- und Tonnenkilometer bis 2040 in Aussicht. Die Unsicherheiten ergeben sich aus der Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung einerseits und unterschiedlichen verkehrspolitischen Massnahmen andererseits. Die weltweite Zunahme der Verkehrsleistung im Personen- und Gütertransportbereich von 2010–2050 ist viel ausgeprägter. Die grosse Bandbreite der Werte ist auf die globale Wirtschaftsentwicklung inklusive Ölpreis und auf verkehrspolitische Massnahmen zurückzuführen.
Neue Antriebstechnologien und Energieträger unabdingbar
Die beiden letzten Studien berücksichtigen keine gezielt klimapolitischen Massnahmen wie hohe Preise oder explizit regulatorische Vorgaben für CO2. Die Zahlen zeigen jedoch eine Zunahme der Verkehrsleistung und legen nahe, dass enorme Fortschritte auf der Angebotsseite für Antriebstechnologien, Energieträger und Infrastruktur in der Schweiz und weltweit unabdingbar sind. Dazu gehören die direkte Elektrifizierung mittels Batterien oder indirekt über Wasserstoff- und synthetische Kohlenwasserstoffe ebenso wie der schnelle Aufbau von CO2-freier Stromerzeugung für den Mobilitätssektor. Solche Technologieentwicklungen gehen weit über die gegenwärtige Diskussion hinaus und sind unerlässlich, wenn wir den verkehrsbedingten CO2-Ausstoss innerhalb der nächsten wenigen Jahrzehnten auf Null senken wollen
Authors: Prof. Dr Konstantinos Boulouchos
Source: REFERENZEN [1] Boulouchos K, Cellina F, Ciari F, Cox B, Georges G, Hirschberg S, Hoppe M, Jonietz D, Kannan R, Kovacs N, Küng L, Michl T, Raubal M, Rudel R, Schenkler W (2017) Towards an Energy Efficient and Climate Compatible Future Swiss Transportation System. Working Paper. [2] SCCER Mobility (2017) Auf dem Weg zu einem energieeffizienten und klimafreundlichen Schweizer Mobilitätssystem. White Paper. [3] Bundesamt für Raumentwicklung ARE (2016) Verkehrsperspektiven 2040. [4] OECD/ITF (2015) ITF Transport Outlook 2015. OECD Publishing/