OCCR Flash
ProClim Flash 68
Das Oeschger-Zentrum für Klimaforschung (OCCR) entwickelt Entscheidungshilfen für das Management von Hochwasserrisiken, verstärkt seine Aktivitäten in der Klimafolgenforschung und organisiert eine Konferenz zur Bedeutung von frühen meteorologischen Messserien.
Hochwasserrisiken besser verstehen
Welch dramatische Folgen ein Hochwasser für unser Leben haben kann, wird den meisten Schweizerinnen und Schweizern erst bewusst, wenn in ihrer Nähe ein Gewässer über die Ufer tritt – doch spätestens nach ein paar Jahren ist die Überschwemmungsgefahr jeweils wieder vergessen. Die vom Mobiliar Lab für Naturrisiken des Oeschger-Zentrums ermittelten Fakten hingegen zeigen, dass ein bewussterer Umgang mit dem Hochwasserrisiko nötig wäre:
- In der Schweiz befinden sich rund 290 000 Gebäude in Hochwassergefahrengebieten. Das entspricht einem Anteil von rund 13,5 Prozent aller Gebäude.
- Fast jede siebte Person wohnt in einem gefährdeten Gebäude. Insgesamt stellen diese einen Neuwert von knapp 526 Milliarden Franken dar.
- Das Hochwasserrisiko entwickelt sich über die Zeit sehr dynamisch. Nach Umsetzung von Hochwasserschutzmassnahmen sinkt das Risiko. Es kann aber in den Folgejahren wieder ansteigen, da durch die Siedlungsentwicklung (z. B. Verdichtung) mehr Personen und Sachwerte gefährdet sein können.
Mit seiner Forschung trägt das Mobiliar Lab dazu bei, das Zustande- kommen von Hochwasserschäden besser zu verstehen. Aus diesen Erkenntnissen liefern die Forschenden Grundlagen für Planerinnen und Planer und Behörden. Vor allem aber wollen sie Hochwasserrisiken sichtbar machen und somit zu einem stärkeren Risikobewusst- sein in der Gesellschaft beitragen.
In diesem Zusammenhang wurde kürzlich das Projekt «Kollektives Überschwemmungsgedächtnis» lanciert. Dabei werden Bilder von Überschwemmungen aus der ganzen Schweiz auf der Webseite überschwemmungsgedächtnis.ch geografisch verortet und einfach zugänglich gemacht. Ein zentrales Element ist dabei die Crowdsourcing-Funktion, dank der die Bevölkerung eigene Bilder hochladen kann. So wächst das Überschwemmungsgedächtnis laufend weiter. Es unterstützt Fachleute bei der Beurteilung von Gefahren und hilft der Forschung, Hochwassermodelle zu prüfen und zu verbessern. Vor allem aber soll dieses kollektive Überschwemmungsgedächtnis in der Öffentlichkeit das Bewusstsein für die Hochwassergefahr und -risiken wecken.
Klimawandel und biologische Schädlingsbekämpfung
Das OCCR stärkt seine Aktivitäten in der Klimafolgenforschung. Zu seinen Mitgliedern zählt neu der Agronom Matthias Erb, der die Interaktionen zwischen Pflanzen und Schadinsekten auf molekularer, chemischer und ökologischer Ebene erforscht. Im Zentrum seiner Arbeit stehen biologisch aktive pflanzliche Wirkstoffe, welche die Schädlingsresistenz von Wild- und Nutzpflanzen verbessern und so einen Beitrag zur nachhaltigen Landwirtschaft leisten.
Matthias Erb ist seit 2017 Professor für Biotische Interaktionen und Mitdirektor an der Universität Bern. Er ist nicht nur in Forschung und Lehre tätig, er betreibt zusammen mit seiner Familie auch einen Bauernhof in Boltigen im Simmental, wo er aufgewachsen ist.
Frühe meteorologische Instrumentenmessungen
Die Leiter der OCCR-Gruppen für Klimatologie, Stefan Brönnimann, sowie für Umwelt- und Klimageschichte, Christian Rohr, organisieren eine wissenschaftliche Konferenz zum Stellenwert von frühen meteorologischen Messserien für die aktuelle Klimaforschung. Der mit hochkarätigen Teilnehmenden besetzte Anlass findet vom 18. bis 21. Juni 2018 an der Universität Bern statt. Ziel der Konferenz ist, einen möglichst vollständigen Überblick darüber zu gewinnen, welche Messdaten aus dem 18. und frühen 19. Jahrhundert weltweit greifbar sind. Zu den Referenten zählen deshalb nicht nur Forschen- de aus Europa, sondern auch aus Nord- und Südamerika, die zum Teil via Skype zugeschaltet werden. Die Vorträge sind sowohl den vorhandenen Zusammenstellungen von Daten aber auch Messinstrumenten und Archiven gewidmet, zudem gehen sie auf Klimaereignisse und -prozesse ein.
In Workshops soll in einem zweiten Teil des Anlasses ein Inventar der vorhandenen Messserien zusammengestellt werden. Dabei gilt es zu klären, was, wo und von wem gemessen wurde. Wichtig ist aber auch zu wissen, ob die Originaldaten noch vorhanden sind und ob sie digitalisiert und homogenisiert wurden. Das aus allen Kontinenten zusammengetragene Wissen soll nicht zuletzt dabei helfen, in Zukunft eigentliche Datenrettungsaktionen durchzuführen. Geklärt werden soll aber auch, wie weit in die Vergangenheit zurück sich sogenannte Reanalysen erstellen lassen. Das sind dreidimensionale Wetterrekonstruktionen, anhand derer sich nicht nur das Klima, sondern auch das Wetter der Vergangenheit detailliert untersuchen lässt. Die Ergebnisse der Konferenz sollen schliesslich in eine wissenschaftliche Publikation münden, und das Inventar der Wettermessreihen in einer globalen Metadatenbank publiziert werden.
Kontakt: Kaspar Meuli,
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Oeschger Centre for Climate Change Research (OCCR)
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